Beim Einsparen von Emissionen spielen auch nicht nur die üblichen Verdächtigen, wie die Art der Ernährung oder des Reisens oder der Verbrennungsmotor eine große Rolle. Auch so lässt sich Strom und damit CO2 einsparen: Weniger surfen im Internet! Derzeit gehen etwa vier Prozent der Treibhausemissionen auf das Konto der digitalen Technologien. 2025 könnten es schon sieben bis acht Prozent sein, warnen Experten.
Wer sich auf die mobile Datenautobahn begibt, drosselt nur selten die Geschwindigkeit und noch weniger sich selbst: Denn es geht ja alles so einfach und von überall: Die vielen WhatsApp an den_die Partner_in, schnell noch Fotos mit Freund_innen teilen oder im Bus ein Video streamen. Von den vielen gelesenen und oft auch gleich noch beantworteten E-Mails ganz zu schweigen.
Das Internet belastet die Umwelt genauso wie das Fliegen
Mit jedem geladenen Bit und Byte verbraucht das Endgerät, egal ob Smartphone, Tablet, Laptop oder Desktoprechner, Strom. Und davon nicht wenig. Gerade auf das Streamen von Videos entfällt inzwischen ein beträchtlicher Teil. Netflix, Spotify und Co. sind rund um die Uhr erreichbar und entleeren mit ihrem Angebot die Akkus. Nach dem Aufstehen, vor dem Einschlafen, in der Mittagspause: On Demand ist alles und immer abrufbar. Und die Stromuhr läuft stets mit. Wissenschaftler_innen schätzen, dass die Nutzung des Internets weltweit inzwischen genauso viel CO2-Emissionen verursacht wie der globale Flugverkehr. Eine Stunde Videoschauen ist so klimaschädlich wie ein Auto über eine Strecke von einem Kilometer zu kutschieren. Für eine einzelne Suchanfrage fällt laut Google zwar nur 0,2 Gramm CO2 an. Doch der weltweite Informationsbedarf ist gewaltig: Rund 3,45 Milliarden Anfragen laufen täglich allein beim Marktführer ein.
Und beim Surfen ist ja noch viel Luft nach oben. Für das Jahr 2020 hatte das Bundesumweltministerium für Deutschland einen Ausstoß von rund 30 Millionen Tonnen CO2 prognostiziert, der allein auf das Nutzen von Informations- und Kommunikationstechnik zurückzuführen ist. Wäre das Internet ein Land, führt die Umweltorganisation Greenpeace vor Augen, läge es gemessen am Stromverbrauch inzwischen weltweit auf Rang drei.
Rechenzentren haben den Ruf eines Klimakillers
Selbst wenn alle der inzwischen rund 60 Millionen Smartphone-Nutzenden in Deutschland ihr Endgerät mit Ökostrom laden würden, wäre nur etwas mehr Nachhaltigkeit erreicht. Denn die meisten Rechenzentren, die unglaubliche Datenmengen verwalten und zugängig machen, denken noch lange nicht so umweltfreundlich. Die von ihnen unterhaltenen gigantischen Serverräume werden zum Großteil mit Energie gespeist, die überwiegend dem Kohlestrom entstammt, erklärt das Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg.
Damit der Informationsfluss nicht abreißt, werden die Telekommunikationsnetze und Rechenzentren rund um die Uhr betrieben. Die Konsequenz: Die globalen Datenströme wachsen stetig und fluten das Datennetz mit einer kaum mehr bezifferbaren Fülle an Rechenprozessen. Die Serverräume laufen regelrecht heiß und müssen entsprechend mit stromfressenden Klimaanlagen gekühlt werden. Laut dem Thinktank „The Shift Project“, einer Non-Profit-Organisation, die sich mit Fragen zum Klimawandel beschäftigen, entfallen 80 Prozent des Internet-Energieverbrauchs auf das Videostreaming und das Versenden von Videos. Für ein Drittel sind demnach Videoplattformen wie Netflix oder Amazon Prime verantwortlich. Über eine Spielfilmlänge werden 4,8 Kilogramm CO2 produziert.

Rechenzentren sollen in der Zukunft verstärkt auf klimaneutralen Strom setzen und effizientere Software einsetzen. Foto: Taylor Vick / unsplash
Digitaler Lebensstil – ein Fass (noch) ohne Boden
Immerhin: Seit Jahren wird von Seiten der Industrie versucht, an wichtigen Stellschrauben zu drehen, um das Internet ein wenig grüner werden zu lassen. Beispielsweise werden sparsamere Prozessoren entwickelt, oder darauf geachtet, vorhandene Kapazitäten effizienter auszulasten. Doch unter den momentanen Umständen scheint der Verbrauch, der durch die Endgeräte, die Netzinfrastruktur und die Serverfarmen anfällt, ein Fass (noch) ohne Boden zu sein.
Ein Zustand, der inzwischen auch die Politik auf den Plan gerufen hat, Maßnahmen zu ergreifen, um den Datenverkehr in die gewünschten Bahnen zu lenken. Rechenzentren sollen verstärkt auf klimaneutralen Strom setzen und effizientere Software einsetzen. Nutzer_innen sollen Daten möglichst herunterladen, anstatt diese immer wieder aufwändig zu streamen. Zur Erreichung dieser Ziele hat Bundesumweltministerin Svenja Schulze eine umweltpolitische Digitalagenda auf den Weg gebracht, die 72 Maßnahmen umfasst. Unter anderem sollen Videos auf Endgeräten nicht mehr automatisch in der höchsten Qualität abgespielt werden. Schulze formulierte es als klaren Auftrag, „digitale Innovationen zu einem Instrument des Umwelt- und Klimaschutzes zu machen sowie Umwelt- und Klimaaspekte bei der Regulierung digitaler Technologien fest zu verankern“.
Was tun Facebook, Google und Co.?
Apple bezieht Strom eigenen Angaben zufolge zu 80 Prozent aus erneuerbaren Energien. Google wirbt damit, das bereits seit 2017 zu 100 Prozent zu tun. Facebook hat stolz verkündet, dieses Ziel im vergangenen Jahr ebenfalls erreicht zu haben. Google wiederum will 2030 sogar klimaneutral werden und seine Rechenzentren und Büros mit CO2-freier Energie versorgen. On top beabsichtigt der Internetriese alle seit der Gründung 1998 bis 2007 angefallenen C02-Emissionen rückwirkend durch den Kauf von Grünstrom-Zertifikaten auszugleichen.
Und es gibt weitere Hoffnungsschimmer: Der Ausbau der Glasfasernetze verspricht Ersparnisse – sie werden bei der Datenübertragung als energieeffizienter eingeschätzt. Laut einer im September 2020 veröffentlichten Studie des Bundesumweltamtes ist zudem das neue Mobilfunknetz in 5G-Qualität mehr als 20-mal effizienter und damit ebenfalls wesentlich klimaschonender als das bisherige Mobilfunknetz 3G.
Was kann ich tun?
Oft werden Videos beim Scrollen schon im Hintergrund gestartet. Um das zu verhindern, kann man den Modus Autoplay deaktivieren. Oft macht es für das Auge ohnehin keinen Unterschied, wenn das Video nicht in maximaler Auflösung gestreamt wird. Kleinere Displays verbrauchen auch weniger Strom, eine niedrigere Bildschirmauflösung verschlingt entsprechend weniger Datenvolumen. Über das heimische W-LAN mit dem Internet verbunden zu sein, ist umweltverträglicher als der Zugang über das Mobilfunknetz.
Für Fotos und selbstgemachte Filme gilt generell: Auf dem eigenen Rechner oder zur Sicherung auf einer externen Festplatte sind sie am besten und energieeffizientesten aufgehoben. Ausgelagert in eine Cloud verursachen sie einen enormen Stromverbrauch. Möchte man einen Film teilen, empfiehlt es sich, einen Link zum Video zu verschicken.
Doch man kann beim Surfen auch Positives bewirken oder Umweltschutz initiieren, indem auf alternative Suchmaschinen zurückgegriffen wird. Ecosia oder Ecosearch beispielsweise wirtschaften nachhaltig und verwenden ihre Gewinne dazu, Bäume zu pflanzen. Und nicht nur das: Gemeinsam mit dem grünen Mobilfunkanbieter WEtell baut Ecosia seit einem Jahr Solaranlagen in Deutschland und ermöglicht so klimaneutrale mobile Kommunikation. Wer sein Endgerät also smart benutzt, schont Ressourcen und kann so leicht einen positiven Impuls für den Umweltschutz setzen.
Der alljährliche Wechsel zu einem aktuelleren Modell zählt nicht dazu. Bei der Produktion wird viel mehr Energie verbraucht als das Gerät über seine Lebenszeit betrachtet aus der Steckdose bezieht. Deshalb empfiehlt es sich, energieeffizienten Smartphones den Vorzug zu geben und auf langlebige Modelle zu setzen.
Digital Detox
Und im Übrigen schadet auch nicht, sich einmal eine Auszeit vom Streamen oder Surfen zu gönnen und für eine gewisse Zeit den Stecker zu ziehen. Stichwort Digital Detox. Der Bildschirm bleibt schwarz, WhatsApp oder Mails unbeantwortet, Facebook und Netflix ungeöffnet. Körper, Geist und Umwelt werden es Ihnen danken.
Noch ein Grund mehr für Digital Detox.
Leider lässt einen dieser Artikel wieder einmal allein, wenn es darum geht das eigene Verhalten bereits heute an einen ausreichend Klima-verträglichen Stil anzupassen. Zwar werden allgemein gehaltene Hinweise gegeben, den eigenen Verbrauch zu reduzieren, aber in welchem Umfang diese wirklich zu einer persönlichen Zielerreichung beitragen, wird nicht mal ansatzweise erörtert. Worauf muss ich denn alles verzichten, um bereits heute wirklich klimaverträglich zu leben?
Ich denke wenn wir keine klare Vorstellung davon entwickeln, wo wir als einzelne mit unserem Verhalten hin müssen, werden wir unser Ziel auch nicht (rechtzeitig) erreichen können.