Harald, du bist jetzt schon seit 2017 bei der UmweltBank. Wie kam es eigentlich dazu?
Ach, das ist eine lustige Geschichte … ich habe Goran Bašić, den Vorstand der UmweltBank, regelmäßig in der S-Bahn getroffen. Wir sind beide morgens in die Arbeit gependelt und haben über Ökologie und die Nachhaltigkeitsziele der UN, die SDGs, diskutiert. Und irgendwann hat Goran gesagt: „Mensch Harald, könntest du uns bei der UmweltBank nicht bei dem Thema Nachhaltigkeit begleiten?“ Wir haben mit einem Projekt angefangen. Dann bin ich in den Beirat gekommen und schließlich in den Umweltrat.
Kannst du unseren Leser_innen kurz skizzieren, was der Umweltrat genau macht?
Der Umweltrat ist eine Perle in der gesamten Bankenlandschaft. Er ist ein freiwilliges Gremium, dass sich die Bank leistet, um transparent zu sein und sich weiterzuentwickeln. Es heißt oft, der Umweltrat sei ein Pendant zum Aufsichtsrat. Und ich finde, das kann man wirklich so sagen. Unser Umweltrat ist kein Feigenblatt, so wie es das nachhaltige Engagement bei anderen Banken oft ist. Er kann einzelne Vorgänge aufgreifen, sehr gezielt Informationen abfragen und in die Tiefe anschauen, mit dem Vorstand diskutieren und kritisch hinterfragen.
Unser Umweltrat ist kein Feigenblatt,
wie es bei vielen anderen Banken der Fall ist.
Sind sich die Mitglieder im Umweltrat denn immer einig?
Wenn wir uns immer einig wären, wären wir nicht wirklich ein sinnvolles Gremium. Wir verfolgen einen diskursethischen Ansatz. Das heißt, dass wir unsere Themen und Entscheidungen von allen Seiten beleuchten. Im Umweltrat sitzen durchaus unterschiedliche Charaktere mit ihren eigenen Sichtweisen und inhaltlichen Schwerpunkten. Da wird auch schon mal kontrovers diskutiert. Ich würde aber sagen, dass wir uns in unserer Grundhaltung sehr einig sind.
Und was reizt dich an deiner Position als Vorsitzender des Umweltrates?
Für mich persönlich ist es sehr reizvoll, dass ich diese Diskursethik im Umweltrat moderieren und leben darf. Alle Stimmen zusammenzutragen, mit dem Ziel, die UmweltBank in ihrer Mission weiterzuentwickeln, das ist eine tolle Aufgabe. Wobei ich dabei meine Rolle eher als führender Moderator empfinde. Im Umweltrat sind eigentlich alle Mitglieder gleichgestellt.
Als Wirtschaftswissenschaftler ist deine Überzeugung, dass der Finanzsektor eine große Hebelwirkung auf die globale Entwicklung von Nachhaltigkeit hat. Warum ist das so?
Das ist doch eigentlich ganz simpel: Die gesamte Welt orientiert sich an Geld. Wir steuern alles nach monetären Größen. Wenn diese Größen nicht nur Ertrag ausdrücken würden, sondern auch Nachhaltigkeit beinhalten, dann hätten wir doch schon alles erledigt. Das würde heißen: Wenn ich viel Geld verdiene, habe ich zum Beispiel viel für die Umwelt oder für andere Nachhaltigkeitsaspekte getan. Das ist doch mal wirklich ein Antrieb, weil es ein Wettbewerb um etwas Gutes wäre, nicht um maximalen Ertrag, der ja oft auf Kosten der Umwelt oder anderer Menschen geht.
Lieber Harald, vielen Dank für das spannende Gespräch.
Prof. Dr. Harald J. Bolsinger, geboren 1973, beschäftigt sich mit Nachhaltigkeitspolitik, wirtschafts- und unternehmensethischen Grundfragen und Wertemanagement in Unternehmen. Bolsinger studierte Wirtschaftswissenschaften, Betriebswirtschaftslehre und Soziologie in Augsburg und Nürnberg. Er lehrte vier Jahre am Lehrstuhl für Wirtschafts- & Entwicklungspolitik in Nürnberg, wo ihm 2006 die Doktorwürde verliehen wurde. Seit 2012 hat er eine Professur für Wirtschaftsethik und Volkswirtschaftslehre inne. Seit Juli 2019 ist er Vorsitzender des Umweltrats der UmweltBank.