Zum Auftakt der Veranstaltung im Fürther Gemeindehaus St. Paul hält Peter Köninger einen Kurzvortrag. Er könne die derzeitigen Bauern-Demos nachvollziehen: Die jungen, gut ausgebildeten Landwirte gingen auf die Straße, weil sie über die derzeitige Politik verärgert seien. Bei den verkauften Produkten verbleibe nur ein sehr geringer Ertrag bei den Landwirten. Als Vorzeigeprojekt nennt Köninger eine eigene Molkerei von Bauern aus der Region. Diese ermögliche den beteiligten Bauern eine höhere Wertschöpfung. Letztendlich seien die meisten Landwirte jedoch von den Discountern abhängig, da diese 77 % des Marktes ausmachten.

Des Weiteren kritisiert der Vertreter des Bauernverbands in seinem Vortrag aus Spanien importierte Bio-Lebensmittel sowie das ganzjährige Angebot von Tomaten. Er rügt zudem die Politik für das Mercosur-Abkommen, durch das billige Lebensmittel aus Südamerika mit heimischen Erzeugnissen konkurrierten.

Der Staat ist gefordert

Anschließend erläutert Bio-Landwirt Hans Urban in seiner Präsentation die Probleme, die durch die Landwirtschaft in Bezug auf den Artenschutz verursacht werden. Er liefert zahlreiche Fakten und geht schließlich auf die Probleme bei der Umsetzung ein: So habe es Wirbel rund um die Streuobstverordnung und bei den Gewässerrandstreifen gegeben. Die Umsetzung staatlicher Maßnahmen zur Einführung von Bio-Lebensmitteln in staatlichen Einrichtungen sei zu zögerlich, außerdem habe man zu lange nicht das direkte Gespräch mit den Landwirten gesucht.

In der Vergangenheit habe der Staat die Flurbereinigung forciert, was dazu geführt habe, dass beispielsweise Hecken von den Feldern verschwanden. Der Artenrückgang und die Wasserverschmutzung seien nun unter anderem daraus resultierende Probleme, die es zu lösen gelte. Zudem sei Landwirtschaft durch Preispolitik und Lobbyarbeit geprägt, was am Ende dazu führe, dass alle die Leidtragenden seien: Bürger, Umwelt und Bauern.

Jörn Buschmeyer berichtet als Vertreter von Norma, dass der Discounter am Ausbau seines Bio-Sortiments arbeite. Angestrebt seien Preise in Höhe von 200 % konventioneller Ware. Mit Demeter sei man sich bezüglich der Aufnahme ins Sortiment nicht einig geworden. Auf die Frage, wie die Verhandlungen mit Bauern abliefen, antwortet er, dass hier Genossenschaften oder Molkereien zwischengeschaltet seien. Einen Mindestpreis wie in Frankreich befürworte er nicht.

Die beiden Landwirte Urban und Köninger sind sich an diesem Abend bei vielen Themen erstaunlich einig. Urban kritisiert den Bauernverband für die Unterstützung größerer Betriebe. Er habe mitbekommen, dass in Europa langfristig ein Anteil von 70 % für die zweite Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) angestrebt werde. Diese umfasst gezielte Förderprogramme für die nachhaltige und umweltschonende Bewirtschaftung und die ländliche Entwicklung. Herr Köninger ergänzt, dass die Produktion ins Ausland verlagert würde, wenn sie in Deutschland zu teuer würde.

Lebensmittel müssen fair bepreist werden

Gemeinsame Lösungsansätze sind am Ende der Diskussion leider nicht zu erkennen. Aus dem Publikum kommt Kritik, dass das eigentliche Thema „Artenschutz“ an diesem Abend zu kurz gekommen sei. Zumindest in Bayern ist hierfür per Gesetz festgeschrieben worden, welche Normen die Landwirtschaft einzuhalten hat. Alle Anwesenden sind sich einig, dass daraus höhere Kosten und weniger Erträge resultieren werden. Wenn die Bauern keine entsprechende Vergütung erhielten, werde dies über kurz oder lang zu einem gesellschaftlichen Problem und zur Schließung von Betrieben führen. Daher müssten entsprechende Preise gezahlt werden, die den tatsächlichen Wert vergüten. Dies müsse einhergehen mit staatlichen Förderungen und einer Überwachung der Einhaltung der Gesetze.

Höhere Kosten – geringere Erträge

Für mich lässt die Diskussion folgende Schlüsse zu: Eine nachhaltigere Landwirtschaft, die auch zur Erhaltung der Artenvielfalt beiträgt, ist von den Bürgern und der Politik gewollt. Nach dem Volksbegehren „Rettet die Bienen“ wurde das Artenschutzgesetz beschlossen, das den bayerischen Bauern verbindliche Vorgaben macht. Im Endeffekt führt es aber auch zu höheren Kosten und geringeren Erträgen. Der Handel ist teilweise bemüht, den Bauern entgegenzukommen, z. B. bei der Sortimentspolitik. So werden mittlerweile vermehrt Bio-Lebensmittel angeboten. Entscheidend ist jedoch am Ende die Nachfrage durch die Kunden und ihre Bereitschaft, angemessene Preise zu bezahlen. Viele Verbraucher geben in Umfragen an, sie wären bereit, höhere Kosten für Lebensmittel zu akzeptieren. Beim Wocheneinkauf an der Kasse sieht das dann aber oft anders aus.

Das Artenschutzgesetz ist ein guter erster Schritt. Allerdings führt es zu gesellschaftlichen Problemen, wenn den Bauern einseitig Verpflichtungen auferlegt werden, die ihnen nicht vergütet werden. Statt des gewünschten Erhalts der kleinbäuerlichen Landwirtschaft könnte eher das Gegenteil der Fall sein. Bisher gibt es bei uns keine Pauschallösung, um nachhaltige Landwirtschaft rentabel zu machen. In Frankreich wurde 2019 ein Gesetz erlassen, welches Supermärkten vorschreibt, Lebensmittel mindestens 10 % über dem Einkaufspreis anzubieten. Nach diesem Vorbild sollten auch in Deutschland Mindestpreise für Lebensmittel festgelegt werden – und zwar sowohl  Endpreise als auch Einkaufspreise von den Erzeugern. Eine Grundlage hierfür wären sinnvollerweise die entsprechenden Erzeugungskosten.

Die Kontrolle der Einhaltung des Artenschutzgesetzes sowie der Fördermaßnahmen des Staates sind parallel notwendig. Im Rahmen der GAP sollen verstärkt Maßnahmen gefördert werden, die dem Umweltschutz dienen. Auch auf anderen Ebenen muss finanziell gezielt gefördert werden: zum Beispiel beim Absatz von Bio-Lebensmitteln in staatlichen Einrichtungen oder bei der Bildung der Verbraucher. Vereinbarungen wie das Mercosur-Abkommen, die Billig-Importe aus anderen Ländern mit niederen Standards ermöglichen, müssen vermieden werden.

Eine Festlegung auf höhere Standards beim Umwelt- und Artenschutz ist erfolgt. Eine schnelle und verbindliche Festlegung von Mindestpreisen wäre daher folgerichtig. In der Vergangenheit wurde, auch von der Politik, zu sehr auf Masse statt Klasse gesetzt. Höhere Lebensmittelpreise hätten ganz nebenbei auch noch einen weiteren positiven Effekt: Sie würden die Wertschätzung von Nahrungsmittel und dafür sorgen, dass endlich weniger Essen weggeschmissen wird.