Gemeinsam mit Luxemburg, Dänemark und Zypern ist Deutschland unschöner Spitzenreiter was das Müllaufkommen in der EU angeht. Rund 17 Millionen Tonnen Müll landen auf unseren Deponien, und das jedes Jahr. Einen Großteil davon stellen Umverpackungen. Davon gibt es leider immer mehr, denn unser Lebensstil ändert sich.
Der Hunger nach Verpackungen wächst
Beispielsweise kaufen die vielen Single- und Paarhaushalte kleinere Portionen, die in der Regel überproportional viel Verpackungsmaterial benötigen. Der Hunger nach Take-Away-Mahlzeiten und das wachsende Volumen an Onlineeinkäufen tun ihr Übriges. So sind im Jahr 2012 bereits 75 Prozent mehr Papierverpackungen im Versandhandel verbraucht worden als noch zehn Jahre zuvor. Bislang werden für Verpackungen überwiegend Kunststoffe, Papier und Karton verwendet. Aber auch Holz und Glas gehören zu den traditionellen Verpackungsmaterialien.
Verpackungen müllen die Meere zu
Gerade die vielen Plastikverpackungen werden in der Umwelt zu einer immer größeren Belastung. Über Flüsse werden jedes Jahr bis zu vier Millionen Tonnen Plastik ins Meer transportiert. Der Großteil stammt aus dem Jangtse, dem Gelben Fluss und dem Indus, die auf ihrem Weg ins Meer große Megacitys passieren. Das Problem dabei: Das Plastik sammelt sich über Jahrhunderte an und gefährdet die Meerestiere und ihre Lebensräume. Beispielsweise verwechseln Meeresschildkröten Plastiktüten mit Quallen, verschlucken sie und sterben daran. Viele Meeressäuger, Vögel und Fische verhungern, weil ihre Mägen voll mit unverdaulichen Plastikteilchen sind. Auch Papierverpackungen sind nicht völlig unbedenklich. Zwar sind sie recyclefähig, dafür belastet der Herstellungsprozess die Umwelt sehr stark.
Verpackungsalternativen müssen her
Verpackungen haben aber natürlich auch einen Sinn. Sie sollen insbesondere Lebensmittel vor Verunreinigung schützen. Empfindliche Produkte können in einer guten Verpackung sicher transportiert und gelagert werden, ohne dass sie zu Schaden kommen. In vielen Fällen soll die Verpackung aber einfach nur verkaufen und ist im Grunde überflüssig oder zumindest überproportioniert.
Der beste Ansatz besteht darin, Verpackungen so gut es geht zu vermeiden. Ein zweiter Weg ist es, schlicht andere Materialien zu verwenden. Mittlerweile findet man für Papier und Plastik bereits gute Alternativen, allesamt vollständig biologisch abbaubar: Anstelle von Plastik und Papier gibt es schicke Verpackungen aus Gras und Gerste.
Graspapier: Wächst über sich hinaus
Erste Alternativen kann man vereinzelt schon in deutschen Supermärkten erspähen: Die Filialen der beiden Supermärkte Penny und Rewe verwenden seit Mitte 2017 Obst- und Gemüseschalen aus Graspapier. Der große Vorteil des Rohstoffes Gras ist, dass es viel schneller nachwächst als Holz. Außerdem ist der Herstellungsprozess ressourcenärmer, dabei entstehen zudem weniger Treibhausgase. Die Ökobilanz von Gras als Verpackungsmaterial ist daher recht gut.
Auch die Modemarke Esprit und die dm Drogeriemärkte nutzen bereits Graspapier. Das stammt übrigens aus deutschen Landen, genauer gesagt kommt es aus dem rheinischen Hennef. Die Papierfabrik Creapaper hat dort vier Jahre an der Idee gebastelt, bis sie marktreif war.
Isolierverpackung: Kühles Stroh aus Bayern
Aber auch die Bayern haben das Feld der Verpackungsalternativen für sich entdeckt. So ersetzt das Start-up Landpack Styropor mit Stroh, um einen gekühlten Transport zu gewährleisten. Die bayrischen Strohboxen sind bei Feinkost Käfer und Alnatura schon im Einsatz.
Das Stroh wird dafür zunächst in eine Form gepresst, bevor es mit einer Schutzfolie versiegelt wird. Der Clou: Es handelt sich nicht um eine Plastikfolie, sondern um Folie aus Stärke, die vollständig kompostierbar ist. Die Strohverpackung hat für den Lebensmittelversand noch ein weiteres Plus parat. Stroh nimmt nämlich Feuchtigkeit auf. Eine ähnliche Innovation sind Kühlverpackungen aus Hanf und Jute, die ganz ähnliche Vorteile aufweisen wie Stroh.
Die Obst- und Gemüseabteilung von Supermärkten war auch für den Hersteller VPZ inspirierend. Das österreichische Unternehmen ersetzt Gemüsenetze aus Plastik durch eine gleichwertige Cellulose-Lösung aus FSC- oder PEFC-zertifiziertem Buchenholz.
Getränkeringe: Fischfutter statt Todesfalle
Das Sixpack – also sechs Getränkedosen, die mit einem Plastikring zusammengehalten werden – ist für Meerestiere hochgefährlich. Schildkröten und Fische bleiben darin hängen, können sich nicht mehr befreien und verenden. In Deutschland sieht man diese Plastikringe noch nicht ganz so häufig. In Ländern wie Großbritannien oder den USA sind sie weit verbreitet und landen über die Flüsse im Meer.
Darum hat die US-amerikanische Werbeagentur We Believers gemeinsam mit der Brauerei Saltwater nach einem umweltverträglichen Ersatz für die tödlichen Plastikringe gesucht. Das Vorhaben wurde mit Erfolg gekrönt: Die beiden Unternehmen haben es geschafft, die Sixpacks mit essbaren Ringen zu versehen. Dafür verwenden sie Abfallprodukte aus dem Brauprozess, nämlich Weizen und Gerste. Schon bald will die Saltwater-Brauerei alle Bierdosen mit den eigenproduzierten Ringen ausliefern. Gelangen diese Ringe ins Meer, wäre dies kein Problem. Die Meeresbewohner könnten sie sogar anknabbern..
Die beste Alternative: Gar keine Verpackung
Das Feld der Verpackungen gibt viel Raum für Kreativität und Umweltschutz zugleich. Überall an der Welt wird daran gearbeitet. Essbare Folien aus Casein, also Milch, Getränkekartons aus Zuckerrohr, Wasserbeutel aus Algen und Styroporalternativen aus Pilzen und Biomüll sind nur einige weitere Ideen, an denen momentan gearbeitet wird. Noch besser ist es natürlich, Verpackungsmüll zu vermeiden. Das geht ganz einfach und völlig ohne High-Tech-Aufwand:
- Keine Plastiktüten: Wiederverwendbare Beutel mitnehmen!
- Obst, Gemüse, Käse und Fleisch unverpackt einkaufen, wenn möglich eigene Behälter mitbringen.
- Mehrwegflaschen bevorzugen; auch viele Plastikflaschen mit 25 Cent Pfand sind letztendlich Einwegflaschen.
- Bei Mahlzeiten und Kaffee auf „to go“ verzichten.
- Müll richtig trennen, das fördert immerhin die Recycling-Quote.
- Frisch aus der Leitung: Abgefülltes Wasser ist unnötig, denn unser Leitungswasser hat eine sehr gute Trinkqualität.
- Weniger online bestellen, das spart enorm Müll. Wer den Einkauf mit dem Rad absolviert, schont die Umwelt gleich doppelt.
Wie funktioniert ein Unverpackt-Laden? Was sollte ich mitbringen um die Einkäufe zu transportieren? Das und vieles mehr erfahren Sie im Blogeintrag zu Unverpackt-Läden.
Kunststoffe, hier minderwertiges Plastik, sind nicht mehr wegzudenken und in der richtigen Dosis und Recyclings- und Entsorgungs-politik wunderbar und eine Klasse für sich, Hauptsächlich wegen der Gewichtsersparnis. Gehen sie mal auf Wanderung, da werden ihnen 1-2KG Gewichtsersparnis wegen Kunststoff ein Segen sein. Und unsere modernen Fahrzeuge, gerade auch Fahrräder, sind ohne Kunstsoff und Plastik kaum zu denken. Es zeugt von ziemlich Beschränktheit, „Plastik“ zu verteufeln. Nicht das Plastik ist Schuld, sondern der Mensch mit seinem meist minder bewussten Umgang und in seiner ProfitGier alles überblendende ist verantwortlich, der Teufel steckt auch im Begriff „BIP“ als „Wohlstandsmaseinheit“.
Und der Hunger nach Verpackungen wächst überhaupt nicht: Diese Aussage halte ich für völlig falsch. Der Hunger nach Profit ist in der Firmaen scheinbar unersättlich, deshalb wird in den Läden mehr als 50%, ich wage zu behaupten an die 90% Müll verkauft in Form von immer kleineren in Plastik verpackten Mengen, das ist die Ursache des PlastikMülls. Die Hersteller müssten streng in die Verantwortung der Entsorgung und des Recyclings genommen sein, denn sie sind die Erfinder und Markschreier, sprich BeWerber des „PlastikMülls“!!!
Natürlich kann man den Produzenten die Verantwortung für Entsorgung bzw. Recycling der Plastikverpackungen zuschieben (s. Kommentar von DOOfMann Stefan), aber deren entscheidendes Argument ist doch immer, was sich verkauft. Also liegt die Verantwortung beim Käufer: indem er gezielt zu umweltschonender hergestellten, transportierten und verpackten Angeboten greift. Vielen Dank für die Hinweise dazu!
Zum Plastikmüll, insbesondere zum Mikroplastik in den Meeren, trägt aber m.E. auch eine bisher kaum benannte Quelle bei: Bekleidung! Bei jeder Wäsche, vermute ich, gelangen Faserpartikel als Mikroplastik mit dem Abwasser direkt in die Umwelt. Wäre interessant, da einmal die Menge nachzuforschen.
Damit im Zusammenhang eine dritte ergänzende Bemerkung: Das – nicht nur – in Klimamembranen (Gore-Tex) zum Einsatz kommende PTFE ist in der Umwelt extrem langlebig (Da reicht die obige Skala „Für die Ewigkeit“ nicht mehr aus …) und in der Entsorgung höchst problematisch – und wird trotzdem in großem Umfang eingesetzt. Da überlegt man sich doch gleich, womit man sich kleidet …
All die hier genannten Alternativen verbrauchen mehr Ressourcen als die meisten meinen. Gerade Graspapier oder Stroh, dann aus Umweltgründen doch lieber Holz. Je weniger von allem umso besser. Je öfter verwendet umso besser.
Ich habe im Drogeriemarkt Festes Shampoo entdeckt das in Pappe eingepackt ist und nicht in Plastikflaschen.
Es funktioniert prima die Haare damit zu waschen und ist sehr ergiebig. Nimmt auch nicht so viel Platz ein in der Reisetasche.
Gefragt ist auch die Gesetzgebung: ohne Verpackung einkaufen ist schwierig, deswegen bringe ich meine Behältnisse mit. Leider kann ich diese selten einsetzen. Der Bäcker, bei dem ich sonntags meine Brötchen/Semmeln/Schrippen etc. kaufe, nimmt weder meine mitgebrachte Tüte von der Vorwoche (die deutlich unbenutzt aussieht) noch meinen Stoffbeutel an. Ich muss den Beutel auf die Theke legen und die Verkaufskraft legt die Ware dort hinein. Blöd für Sie, blöd für die Kundschaft die hinter mir warten muss. Aber so sind streng genommen wohl die Vorschriften. Die müssten gelockert werden.
Einige Geschäfte sind auf einem guten Weg: wiederverwendbare Nylonbeutel für Obst. Aber bis sich Zero-Waste Läden durchsetzt (auch hier in der Kleinstadt, geschweige denn im nächsten Dorf), wird leider noch einige Zeit vergehen.
Weniger kaufen und weniger wegwerfen! Dinge wirklich gebrauchen bis sie nicht mehr reparaturfähig sind.. Mit eigenen Behältern einkaufen. Weniger fernsehen und mehr selbst herstellen – Brot/Kekse, Kuchen … backen ,,,
Was macht Edeka? Auch schon Gras-Verpackungen? Warum sind Bio-Gemüse immer in Plastik verpackt? das ärgert mich. Kaufe wenn’s geht in kleine Bio-Bauern Läden ein. Ist aber weiter weg, leider.
Danke für den Beitrag zu Lebensmittelverpackungen. Mein Mann hat beruflich viel mit der VO EU 10/2011 Spezifische Migration zu tun, also Regulung zum Kontankt von Kunststoffen und Lebensmitteln. Das Thema finde ich echt interessant, deswegen informiere ich mich auch ausgiebig darüber. Interessant, dass es auch schon essbare Folien als Verpackung gibt. https://www.labor-stegemann.de/b/migrationsuntersuchungen-vo-eu-102011
Interessant, ich hatte nie von dem Start-up Landpack gehört. Ich möchte gerne einige Lebensmittel versenden und bin auf der Suche nach einer passenden Isolierverpackung. Ich werde mich definitiv weiter darüber informieren. Vielen Dank!
Der Abschnitt „Die beste Alternative: Gar keine Verpackung“ müsste fett gedruckt sein und als erster Teil/Hinführung zum Thema stehen.
Ich würde so gerne darauf verzichten, aber dadurch, dass ich Glutenunvertäglickeit habe, kann ich nicht einfach in einen Laden gehen und einzelne Teile aus Gläsern nehmen oder mir Nudeln abfüllen, so gern ich das auch täte, das geht leider nicht und alles selbst backen und herstellen, erlaubt mir meine Kraft nicht.
Aber wir tun schon an anderen Stellen sehr Vieles, wir sparen Trinkwasser ein, sammeln Regenwasser und das übrige versickert im Garten, beziehen schon seit 2002 Öko Strom und Öko Gas. Haben unser Haus voll gedämmt, kaufen Biobaumwoll Kleidung, soweit es geht….
Suchen im Internet über Escosia und Pflanzen dabei immer wieder Bäume, versuchen regional Obst und Gemüse auf den Wochenmärkten zu kaufen….
unbedingt notwendig eine andere produktion für verpackungen zu installieren.
meiner meinung nach kann man auch auf die vielen farben,welche auf den verpackungen sind verzichten.
Schöne Idee, Naturmaterialien, die sich hoffentliich bald durchsetzt. Ich kaufe Obst u. Gemüse nur unverpackt (wiederverwendbare Beutel), wünschte mir aber mehr Vorgaben (Politik!), Plastikgeschirr u. Trinkhalme abzuschaffen reicht nicht, MÜLLER-Milch u. Konsorten haben offensichtlich noch nichts verstanden!
Ebenso wird viel zu viel abgepacktes Obst u. Gemüse aus Spanien etc. importiert und gekauft, weil es billiger ist, als lose Ware.
Wenn ich das Thema “Verpackungsmüll sparen/vermeiden“ anschneide, lächelt man zustimmend und – nichts ändert sich! Alle 2 Wochen türmen sich die gelben Säcke vor unserem Haus, werden abgeholt und damit ist für die meisten Mitbewohner das Thema erledigt: Nach mir die Sintflut….
Viele interessante und auch praktikable Hinweise, für die man gerne „DANKE“ sagt, wenn auch viele/vieles schon bekannt sind/ist. Hab mir vor diesen Zeilen erst mal die bereits abgegebenen Kommentare angeschaut und muss nur sehr vereinzelt aufgetauchte Aspekte hier nochmal betonen: Selbstverständlich ist jede/r Einzelne von uns allen persönlich gefordert und verantwortlich. Aber: Diejenigen, die am meisten und am wirksamsten agieren könnten, glänzen durch eine geradezu katastrophale Untätigkeit – zumindest die allermeisten. Und das sind zum einen die Produzenten und zum anderen – vielleicht noch maßgeblicher – die Politiker. DENN: Es ist eine uralte Erfahrung, daß man nur mit Appellen nicht genügend erreichen kann. Deshalb müssen klare, eindeutige und wirksame Vorschriften her, deren Beachtung muss schmerzhaft sanktioniert sein und – im Gegensatz dazu – vorbildliches Verhalten angemessen belohnt werden. da gibt es eine ganze Menge an Möglichkeiten, z. B. durch steuerliche Anreize usw. usf. Die geradezu schon pathologische Angst unserer verantwortlichen Politiker davor, als autoritäre, kontrollwütige Unmenschen mit polizeistaatlichen Methoden kritisiert zu werden, ist schon kaum mehr erträglich. Allein mit „Konsenspolitik um jeden Preis“ ist nichts zu bewirken. Merkwürdigerweise geht es ja im Falle eines Falles trotzdem auch anders, wie man ganz aktuell im Zusammenhang mit Corona feststellen kann. Warum also nicht auch im Bereich der Sozial-, Gesellschafts-, Wirtschafts-, Klima- und also auch Umweltschutzpolitik? Auf die Antworten der Verantwortlichen wäre ich mal sehr gespannt.