Was haben ein T-Shirt und ein Steak mit Wasser zu tun? Auf den ersten Blick nicht viel – auf den zweiten eine ganze Menge. Die Herstellung verschlingt Unmengen von Wasser. Bei anderen Produkten ist das nicht anders: Obst und Gemüse müssen beispielsweise bewässert und gedüngt werden. Auch für die Herstellung von Papier, Autos oder Computern ist Wasser nötig.
Grünes, blaues, graues Wasser – die Farbe ist entscheidend
Virtuelles Wasser ist für uns schwer greifbar, da wir es nur indirekt verbrauchen. Drei Farben helfen, den Verbrauch zu verstehen und die Folgen unseres Konsums zu bewerten. Grünes Wasser steht für Regenwasser, dessen Verwendung dem Ökosystem am wenigsten schadet. In einer idealen Welt würde der Großteil unseres virtuell verbrauchten Wassers zu dieser Kategorie gehören.
Doch leider kommen wir allein mit grünem Wasser nicht zurecht. Für die Bewässerung in der Landwirtschaft benötigen wir beispielsweise häufig sogenanntes blaues Wasser aus Flüssen und Seen. Da wir es nicht in die Gewässer zurückführen, fehlt es im natürlichen Wasserkreislauf.
Besonders schädlich ist graues Wasser. Es wird während eines Herstellungsprozesses verschmutzt – beispielsweise durch Dünge- oder Pflanzenschutzmittel. Zum grauen Wasser gehören auch Wassermengen, die wir verbrauchen, um verschmutztes Wasser durch Verdünnung zu neutralisieren.
Tausende Liter Wasser für ein einziges T-Shirt
Wie kommen die großen virtuellen Wassermengen zusammen, die wir täglich verbrauchen? Um das zu verstehen, müssen wir unsichtbare Produktionsschritte sichtbar machen. Nehmen wir an, wir kaufen ein Baumwoll-Shirt: Bevor es in unserem Schrank landet, müssen die wasserintensiven Baumwollpflanzen bewässert werden. Die Baumwolle wird zudem gereinigt und weiterverarbeitet. Am Ende wird das Shirt gefärbt oder bedruckt. Wie viel virtuelles Wasser für all diese Arbeitsschritte gebraucht wird, hängt davon ab, wo die Baumwolle angebaut wird. Der Wasserfußabdruck von einem Kilogramm Baumwollstoff aus Pakistan beträgt beispielsweise geschätzte 9.200 Liter – die gleiche Menge Stoff aus Indien verschluckt sogar 22.500 Liter.
Kleidung aus nachhaltiger Herstellung hat meist einen verhältnismäßig geringen Wasserfußabdruck. | Foto: AdobeStock
Und wie schätzen Sie die Wasserbilanz für ein 200-Gramm-Steak ein? Es sind sage und schreibe rund 3.100 Liter. Hier beginnt der Wasserverbrauch schon Jahre, bevor das Fleisch auf dem Teller liegt. Denn bis ein Rind schlachtreif ist, frisst es Tausende Kilogramm Getreide und Heu, deren Anbau Wasser verbraucht. Trinkwasser und Wasser für die Reinigung der Ställe kommen nochmal obendrauf. In dieser Schätzung fehlt sogar noch die Wassermenge, die im Laufe der Aufzucht oder während des Anbaus der Futterpflanzen verschmutzt wurde.
Wie wir die Wasserressourcen im Ausland belasten
Ob Rindfleisch oder T-Shirt: Die Produktion vieler unserer Waren findet nicht vor unserer Haustür statt – obwohl Deutschland ein wasserreiches Land ist. „Als drittgrößte Importnation stützt sich Deutschland auf Waren und Dienstleistungen aus dem Ausland“, sagt Juliane Vatter, Water Stewardship Officer beim WWF Deutschland. Die Einfuhr von Gütern schone die eigenen Ressourcen, gehe aber zu Lasten der Erzeugerländer. „Unsere importierten wasserintensiven Produkte stammen häufig aus Ländern mit Wasserknappheit, schlechter Wasserqualität, unzureichender Gesetzgebung und empfindlichen Ökosystemen“, sagt die Wasserexpertin. „Unser Konsum und unser Wirtschaften hat somit einen häufig negativen Einfluss auf die Wasserressourcen andernorts.“
Was können wir tun, um virtuelles Wasser zu sparen?
Um den virtuellen Wasserverbrauch zu senken, braucht es große Veränderungen, sagt Juliane Vatter. Auf europäischer Ebene müsse die Wasserrahmenrichtlinie stärker umgesetzt werden. Außerdem müssten mehr Gelder in die Entwicklungszusammenarbeit und die nachhaltigere Wasserbewirtschaftung fließen. Aber auch kleine Schritte helfen: „Wenn wir regionale und saisonale Produkte bevorzugen, reduzieren wir wasserintensive Produktionen im Ausland und unterstützen die ansässigen Landwirte.“ Wer seinen Fleischkonsum kritisch hinterfrage, tue ebenfalls der Umwelt etwas Gutes. „Fleisch und Tierprodukte haben einen ausgesprochen hohen ökologischen Fußabdruck im Vergleich zu einer pflanzlichen Ernährung“, erklärt die WWF-Expertin. „Je weniger tierische Produkte auf dem Esstisch landen, desto geringer der Wasser- und CO2-Fußabdruck.“
Vegetarische Nahrungsmittel sorgen für einen niedrigen Wasser-und CO2-Fußabdruck. | Foto: AdobeStock
Generell sei empfehlenswert, Kaufentscheidungen bewusster zu treffen und statt auf Masse auf Qualität und Bio-Ware zu setzen. „Wir können uns auch direkt an die Unternehmen wenden und nachfragen, wo und wie die Produkte hergestellt werden“, sagt Juliane Vatter. Nicht nur bei Lebensmitteln können wir virtuelles Wasser sparen. „Wir sollten versuchen, unsere Produkte so lange wie möglich zu gebrauchen“, empfiehlt Juliane Vatter. Das gelte sowohl für Kleidung als auch für elektronische Geräte. „Jeder Artikel, den wir einfach entsorgen, bedeutet Unmengen von virtuellem Wasser, das wir einfach vergeuden.“
Was ist der Wasserfußabdruck?
Jeder von uns hat seinen eigenen Wasserfußabdruck. Er setzt sich zusammen aus dem direkten und indirekten Wasserverbrauch – auch virtueller Wasserverbrauch genannt. Der Löwenanteil fällt mit geschätzten 5.000 Litern pro Tag auf das virtuelle Wasser. Beim direkten Wasser sind wir Deutsche bereits sehr sparsam: Laut Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) ist der durchschnittliche Trinkwassergebrauch in den vergangenen rund 30 Jahren – trotz eines Anstiegs im Corona-Jahr 2020 – deutlich gesunken. Betrug er 1990 noch 147 Liter pro Person pro Tag, waren es im vergangenen Jahr nach vorläufigen Zahlen 129 Liter pro Person pro Tag. Dazu Martin Weyand, BDEW-Hauptgeschäftsführer Wasser/Abwasser: „Ob der Trend beim Wassergebrauch langfristig wieder nach oben geht oder der Anstieg im vergangenen Jahr nur ein coronabedingter Ausreißer war, bleibt abzuwarten.“