Der Trend kommt aus den USA. Eigentlich leben Familien hier eher auf großem Fuß: Eigenheime mit 250 bis 300 Quadratmetern Wohnfläche sind keine Seltenheit. Trotzdem gibt es dort Menschen, die eine minimalistische Behausung bevorzugen. Sie wohnen in Miniaturhäusern, die aber dennoch Küche, Bad, Wohn- und Schlafbereiche bieten. Seit 2017 gibt es dort sogar eine im Baugesetz verankerte Definition: Nicht mehr als 37 Quadratmeter darf ein Tiny House betragen.
Kleinstes Wohnen mit und ohne Räder
Meistens sind die amerikanischen Tiny Houses mit etwa 16 Quadratmetern noch deutlich kleiner – und stehen auf Rädern. Der Trick: Werden bestimmte Maße eingehalten, benötigen sie als PKW-Anhänger keine Sonderzulassung. Dabei dürfen sie sogar bis zu sieben Meter lang sein. Das macht die „Tiny Houses on Wheels“ besonders attraktiv. In Deutschland sind mobile Tiny Houses seltener der Fall. Meist handelt es sich um Mikrohäuser, also sehr kleine Wohneinheiten, die aber an einem festen Ort stehen.
Mikrohäuser bieten Umweltschutz und Unabhängigkeit
Die Entscheidung für ein Mikrohaus ist oft eine ideologische. Dahinter steht für viele das Streben nach ökologischerem Wohnen im Einklang mit der Natur und der bewusste Verzicht auf Konsum. Das erkennt man auch in der Bauweise: Das Hauptbaumaterial ist normalerweise Holz, beispielsweise Kiefer, Buche oder Fichte. Auch bei der Isolierung wird auf Nachhaltigkeit geachtet: Für deutsche Tiny Houses verwendet man meist eine Holzfaserdämmung, Glas-, Stein- oder Hanfwolle.
Viele Mikro-Hausbesitzer wünschen sich dazu Unabhängigkeit. Das ist in Deutschland nicht ganz einfach, da es Vorgaben gibt, was die Versorgung mit Wasser und Strom angeht. Besonders die Kanalisation ist wichtig, denn dafür besteht Benutzungszwang. Ähnlich wie in den USA sind mobile Häuser auf Rädern ein bequemer Weg aus diesem Korsett heraus. Denn dann gelten sie nicht mehr als bauliche Anlagen und unterliegen dem Straßenverkehrsrecht. Leichter geht es in puncto Strom, denn Häuser, die kleiner sind als 50 Quadratmeter, fallen nicht unter die aktuelle Energiesparverordnung (EnEV). Ein Energieausweis ist darum nicht nötig.
Ein Tiny House verbraucht nicht viel
Theoretisch ist die Architektur von Mikrohäusern mit dem hohen oder würfelförmigen Aufbau für einen effizienten Energieverbrauch ungünstig. Außerdem ist grundsätzlich der relative Verbrauch bei kleineren Wohnhäusern höher. Trotzdem haben Tiny Houses unterm Strich eine sehr gute Energiebilanz, allein weil in absoluten Zahlen deutlich weniger Energie verbraucht wird. Wird das Haus mit nachhaltigen Materialien gebaut, sieht es noch viel besser aus. Viele Kleinsthausbesitzer bevorzugen sowieso Solaranlagen. Denn das steigert die Unabhängigkeit und verringert den ökologischen Fußabdruck.
Mikrohäuser gibt es ab 20.000 Euro
Ein weiteres Plus des Lebens auf kleinstem Raum sind die eingesparten Kosten. Ein Mikrohaus ist viel günstiger zu bekommen als eine Eigentumswohnung. Einige Schreinereien haben sich bereits auf den Bau spezialisiert. Fertige Mikrohäuser gibt es ab 20.000 bis 30.000 Euro. Wie bei allen Bauvorhaben ist auch hier viel Luft nach oben: Für Luxusvarianten kann man bis zu 100.000 Euro ausgeben. Ein durchschnittliches Mikrohaus mit eigener Photovoltaikanlage ist in der Anschaffung und im Unterhalt dennoch eine sehr preisgünstige und umweltfreundliche Wohnalternative.
Kleingedrucktes wie bei den Großen
Wer mit einem Mikrohaus liebäugelt, sollte das Wohnen auf kleinstem Raum vorab testen. Dafür kann man beispielsweise einige Zeit in einen Campingwagen ziehen oder sich ein Tiny House mieten. Ist der Probelauf erfolgreich, geht es erstmal an die Planung. Ein geeignetes Grundstück muss her und ein Bauantrag! Obwohl die Häuschen so klein sind, benötigen sie nämlich wie jedes andere Bauwerk eine Baugenehmigung. Der Bauantrag muss bei der jeweiligen Baubehörde eingereicht und bewilligt werden, ganz wie bei den Großen.
Für alle, die jetzt neugierig geworden sind: In dieser Kurz-Doku findet man ein interessantes Beispiel für ein Tiny House in Berlin.
Sehr interessant!
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LG Karlheinz Hornung
Hallo Herr Hornung,
es freut uns, dass Ihnen der Artikel gefallen hat. Unser aktuelles Baufinanzierungsangebot finden Sie hier: http://www.umweltbank.de/finanzieren/bauen-wohnen. Bei konkreten Anfragen wenden Sie sich bitte direkt an unser Baufi-Team.
Herzlichen Dank!
Finde ich eine super Sache bei zunehmenden Singlehaushalten und explodierenden Baulandpreisen. Müßte mehr Unterstützung besonders von den Kommunen bekommen. Wäre auch interessiert zu wissen, wer so etwas in Deutschland 100% nachhaltig herstellt und vertreibt? Start Ups Gründer/ Firmen? Und bis 37 Quadratmeter Größe ist kein Bauplan und somit keine Genehmigung der Kommune notwendig, egal ob mit oder ohne Räder? Wie sieht es mit Wasser und Abwasseranschluß aus? Wäre sehr interessiert an dieser neuen zukunftsweisenden Idee.
Guten Tag Haderlein,
vielen Dank für den Kommentar. Es gibt mittlerweile zahlreiche Anbieter von Tiny Houses in Deutschland und Europa. Aus der Ferne können wie diese allerdings nicht bezüglich ihrer Nachhaltigkeit beurteilen.
In den allermeisten Fällen brauchen Sie in Deutschland eine Baugenehmigung, wenn Sie dauerhaft in einem Tiny House leben wollen. Dies gilt für Tiny Houses mit und ohne Räder. Das heißt, dass es den Regelungen des Baugesetzbuchs und der lokalen Flächenverordnung entsprechen muss. Daher bietet es sich an, Mikrohäuser nach den individuellen baurechtlichen Vorgaben des vorher ausgesuchten Grundstücks zu bauen. Für etwas mehr Freiheiten bieten sich manchmal sogenannte Sondergebieten oder Gebieten zur Wohnnutzungsentwicklung an.
In Ausnahmefällen kann der Abflusszwang durch eine wasserrechtliche Erlaubnis ausgesetzt werden. Dafür müssen Sie aber nachweisen, dass Sie durch eine Kleinkläranlage das Abwasser aufbereiten.
Bitte beachten Sie, dass ich kein juristischer Fachmann bin und sich die Regelungen ändern können.
Herzliche Grüße aus Nürnberg!
Vielen Dank für diesen Beitrag über Tiny Houses. Wir haben lange nachgedacht, wie wir unser Ferienhaus uns vorstellen können. Vielleicht nach diesem Artikel werden wir auch diese Option in Betracht ziehen. Gut zu wissen, dass wir in diesem Fall eine Kleinkläranlage brauchen werden.