Wir Deutschen sind ein reisefreudiges Völkchen. Jedes Jahr packen wir knapp 70 Millionen Mal die Koffer, um mindestens fünf Tage zu verreisen. Davon verbringen wir gut ein Drittel aller Reisen in der Heimat: Mecklenburg-Vorpommern und Bayern lieferten sich auch 2018 wieder ein Kopf-an-Kopf-Rennen als beliebteste Urlaubsregion. Deutschland ist und bleibt nun mal der Deutschen Reiseziel Nummer Eins.

Urlauber wünschen sich Natur

Aber damit nicht genug, denn die hiesige Hotellerie ist auch für Besucher aus dem Ausland und Geschäftsreisende attraktiv. So kamen 2017 in Deutschland fast 450 Millionen Übernachtungen zustande. Dabei wünschen sich Reisende beim Blick aus dem Hotelzimmer vor allem eines: schöne Landschaften. In einer aktuellen Umfrage setzten knapp die Hälfte aller Bundesbürger eine intakte Natur nach ganz oben auf die Urlaubswunschliste. Ein Widerspruch in sich? Schließlich ist der Tourismus als klimafressender Umweltkiller bekannt.

Der Tourismus zerstört das, was er sucht, indem er es findet.

Hans-Magnus Enzensberger

 

Herkömmliches Reisen zieht eine ganze Schneise an Umweltauswirkungen nach sich. Allein die An- und Abreisen tragen maßgeblich zum Klimawandel bei, denn sie bedingen einen hohen CO2-Ausstoß. Das gilt für Auto-, Bus- und Schifffahrten ebenso wie für Flugreisen, auch wenn das Reisen mit dem Flugzeug deutlich schwerer ins Gewicht fällt. Weitere Umweltprobleme sind Luftverschmutzung (unter anderem durch Grillen oder Feuerwerk), ein erhöhtes Müllaufkommen (durch kleine Einzelpackungen am Buffet zum Beispiel), ein enormer Energie- und Wasserverbrauch (verursacht durch Pools oder Schneekanonen), künstliche Eingriffe in die Landschaft (für Golf- oder Parkplätze) und eine bedrohliche Lärmbelästigung für Tiere (wie Schiffsschrauben großer Kreuzfahrtdampfer). Wer ein beliebtes Skigebiet im Sommer besucht, erhält eine Vorstellung davon, wie sehr die Natur unter Besucherströmen leidet.

Aufbruch in der Reisebranche

Glücklicherweise nimmt das Bewusstsein für die negativen Konsequenzen unserer Reiselust zu – aufseiten der Urlauber wie aufseiten der Tourismusbetriebe. In ihrer Eröffnungsrede der Internationalen Tourismusbörse (ITB) im März 2016 stellte die Tourismusbeauftragte der Bundesregierung Iris Gleicke gutes Reisen in den Mittelpunkt. Dabei hat sie die Mitverantwortung von Reisenden und der Reisebranche für eine nachhaltige Entwicklung unterstrichen.
Nicht nur auf der ITB, an vielen Stellen ist die Nachfrage für ökologische Destinationen in der Branche spürbar. Darum stehen die Zeichen nicht mehr einseitig auf Wachstum, das „Wie“ gewinnt an Bedeutung. Und diese Entwicklung bietet immer mehr Chancen für einen sanften Tourismus.

Sanfter Tourismus nimmt Fahrt auf

Vereinfacht gesagt, setzt sich sanfter Tourismus zum Ziel, keine Umweltschäden zu hinterlassen. Das gilt für Böden, Wasser und die Erdatmosphäre gleichermaßen. Die Lebensräume von Natur und Tieren sollen durch Reisende und deren Aktivitäten vor Ort möglichst nicht beeinträchtigt werden. Konzepte zur Müllvermeidung, ressourcenschonende Abläufe sowie eine umweltfreundliche An- und Abreise gehören ebenfalls dazu. Gleichzeitig sollen Urlauber die Natur möglichst ursprünglich und nah erleben können. Dabei passen sie sich an die Kultur des Reisezieles an.

Komfort auf Kosten der Umwelt

Was so einfach klingt, bringt für Hotels einige praktische Herausforderungen mit sich. Angefangen bei den Pflegeprodukten in Miniaturverpackung, die man als Gast im Badezimmer erwartet, bis hin zur Hotelsauna, die idealerweise jederzeit verfügbar sein soll. Komfort geht leider oft auf Kosten der Umwelt, trotzdem möchten Reisende nur selten darauf verzichten.

Der sanfte Tourismus stellt sich der Aufgabe, beides zu vereinen. Die Wirtschaftlichkeit muss dabei noch lange nicht auf der Strecke bleiben. Ganz im Gegenteil: Nachhaltigkeit ist für viele Reisende mittlerweile ein Argument für einen bestimmten Anbieter und damit ein Wettbewerbsvorteil. Trotzdem funktioniert sanfter Tourismus nicht als Marketing-Gag. Denn nur ehrliche, ganzheitliche Konzepte zum Erhalt der Umwelt werden es ermöglichen, dass wir uns auch in Zukunft in einer intakten Natur erholen können.

Sanftes Reisen auf eigene Faust

Urlauber können schon bei der Urlaubsplanung einiges dafür tun, die Reise nachhaltiger zu gestalten. Ein maßgeblicher Faktor ist dabei die Anreise: Wer mit der Bahn in den Urlaub fährt, vermindert bereits enorm den CO2-Fußabdruck. Ein weiterer Aspekt ist die Auswahl der Unterkunft. Mittlerweile bemühen sich einige Hotels um einen ressourcenschonenden Betrieb, angefangen beim Energieverbrauch über das Speisenangebot bis hin zur Abfallreduktion. Ein Beispiel für diesen sanften Tourismus ist das Ferienresort Glück in Sicht an der Ostsee oder das Hotel Luise in Mittelfranken.

Eine gute Informationsquelle für nachhaltige Hotels sind Zertifizierungen wie das deutsche Siegel Viabono oder internationale Labels wie Green Globe, Green Key oder Earth Check. Allerdings gibt es allein in Europa über fünfzig Siegel, die dazu nach verschiedenen Kriterien arbeiten. Ein etwas genauerer Blick auf die Hotelwebsite ist oft schon ausreichend, um sich über das Nachhaltigkeitskonzept eines Hauses zu informieren.

Dieser Artikel zum nachhaltigen Tourismus ist in ähnlicher Form im Magazin Bank & Umwelt erschienen.