Ein solches Vorhaben braucht auch einen Ort, um die Faszination der Katzen zu erleben und ein Verständnis für einen nachhaltigen Natur- und Umweltschutz zu entwickeln – das Wildkatzendorf Hütscheroda. Das Besondere: Betrieben wird der Begegnungsort von Mensch und Natur gemeinsam vom BUND Thüringen, der Gemeinde Hörselberg-Hainich, der Verwaltungsgemeinschaft Hainich-Werratal und der GEN e.V. (Förderverein Nationalpark). Im ganzen Dorf geht’s um die Katz: ob lehrreich in der Wildkatzenscheune (Ausstellung), live auf der Wildkatzenlichtung (Gehege) oder im neuen Luchsquartier.

Die Wildkatze – Samtpfote in Wohnungsnot

Das Verbreitungsgebiet der Wildkatze erstreckte sich noch bis ins 20. Jahrhundert hinein fast über den ganzen Kontinent. Doch die großen zusammenhängenden Waldgebiete fielen nach und nach der Landwirtschaft sowie dem Straßen- und Siedlungsbau zum Opfer. Nicht nur die Wildkatze leidet unter dem Schwund ihres Lebensraumes, auch für andere Tierarten wie Luchs, Dachs und Fischotter wird es eng.

Ohne eine Vernetzung ihrer isolierten Restlebensräume haben die Wildkatzen kaum eine Möglichkeit, neue Waldgebiete zu besiedeln, sich genetisch mit anderen Populationen auszutauschen und langfristig in Deutschland zu überleben. Dafür wurde vom BUND 2004 das „Rettungsnetz für die Wildkatze“ gegründet. Das Ziel: 20.000 km grüne Korridore aus Büschen und Bäumen sollen die Wildkatzenwälder wieder miteinander verbinden. Deswegen hat der BUND einen Wildkatzenwegeplan entwickelt.

Die Ausstellung „Aug‘ in Aug‘ mit Wildkatze und Luchs“ lädt zum Mitmachen ein. | Foto: Thomas Stephan

Der Luchs – Großkatze auf dem Weg zurück in die Heimat

Ziel des BUND ist es, auch den Luchsen in Mitteleuropa wieder flächendeckend die Rückkehr in ihre Lebensräume zu ermöglichen. Auch sie waren hier einst heimisch und galten zwischenzeitlich sogar als „ausgestorben“. Heute leben wieder 130 Tiere in Deutschland, vor allem im Harz, Bayerischen Wald und Pfälzerwald. Sie leiden ebenso wie viele andere Tiere unter der Zerschneidung potenzieller Lebensräume, illegalen Tötungen und Krankheiten.

Besucher des Wildkatzendorfes werden in der Wildkatzenscheune empfangen. Die moderne und familiengerechte Ausstellung informiert über die Lebensweise der scheuen Waldtiere und stellt das Naturschutzprojekt „Rettungsnetz Wildkatze“ sowie Informationen rund um Luchs und Wildkatze auch den Kleinsten vor. In einem Kino laufen wechselnde Filmbeiträge über den scheuen Jäger oder den Nationalpark Hainich.

Die Wildkatze begreifen und entdecken

Die Wildkatzenlichtung ist das Herzstück des Wildkatzendorfes. Hier lassen sich vier Exemplare der in Freiheit für Menschen so gut wie unsichtbaren Räuber auf die Pfoten schauen. Sie arbeiten quasi als Botschafter für ihre wilden Verwandten. Der Komplex ist 800 m2 groß und besteht aus vier einzelnen naturnah gestalteten Gehegen. Hier leben Wildkater Carlo, ein wahrer Wilder im Gehege und sein Bruder Toco mit seinem runden Gesicht und sonnigen Gemüt. Nebenan haben Wildkater Franz, ein temperamentvoller Kuder und Wildkater Emil, der Neue im Wildkatzendorf, ihr Quartier bezogen.

Wildkater Franz lebt schon seit der Eröffnung 2012 im BUND Wildkatzendorf. | Foto: Wildtierland Hainich gGmbH

Den Luchs in seiner natürlichen Umgebung erleben

Vom Beobachtungsturm aus gelangen Besucher über einen Steg barrierefrei zum Luchsgehege. Bereits hier können Sie erste Einblicke in den Lebensraum der beiden Luchse gewinnen, der aus einem 4.100 m2 großen Waldstück besteht, das unmittelbar an den Nationalpark Hainich angrenzt. Ein Highlight der neuen Luchsanlage ist ein sogenannter „Beutesimulator“, der den natürlichen Jagdtrieb der Großkatzen fördert. Im Gegensatz zum Wolf ist der Luchs kein „Hetzjäger“, sondern pirscht sich bis auf wenige Meter an seine Beute heran. In dem neuen Gehege haben Luchsdame Kaya und Luchskuder Looki aus einem Tierpark im Bayerischen Wald ein neues Zuhause gefunden. Während der täglich kommentierten Fütterungen werden die Besucher auf die Lebensweise und die biologischen Besonderheiten der Tiere aufmerksam gemacht.

Banker radeln für Wildkatzen

Die UmweltBank förderte mit ihrer Spendenaktion „Banker on Bike“ 2018 sieben Organisationen und Initiativen, darunter auch das Wildkatzendorf Hütscheroda. Das Prinzip ist einfach: Für jeden Kilometer Arbeitsweg, den die Mitarbeiter auf dem Rad zurücklegen, spendet die UmweltBank einen Euro an gemeinnützige Projekte. So kamen im letzten Jahr über 40.000 Kilometer Fahrradstrecke zusammen. Die UmweltBank rundete das gesamte Spendenvolumen auf 50.000 Euro auf.

Gut zu wissen

Geöffnet ist das BUND Wildkatzendorf von April bis Oktober, täglich von 10.00 bis 18.00 Uhr. Von November bis März ist ein Blick auf die Katzen an Samstagen, Sonntagen, Feiertagen und in den Ferien (Thüringen, Hessen und Sachsen) von 10.00 bis 16.00 Uhr möglich. Am 24. und 31. Dezember ist geschlossen.

Mehr Informationen unter: www.wildkatzendorf.de