Der Zerfall des ehemaligen Jugoslawiens, die folgenden Kriegsjahre und zuletzt die Finanzkrise haben die Wirtschaft in Serbien ausgebremst. Laut Weltbank leben etwa 25 Prozent der Bevölkerung unterhalb der nationalen Armutsgrenze ; Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung sind weit verbreitet. Gleichzeitig ist Serbiens Finanzmarkt mit nur 25 Banken vergleichsweise klein, das Zinsniveau aber überdurchschnittlich hoch. Je nach Laufzeit und Währung (Euro/serbische Dinar) des Kredites liegen die Verzinsungen im mittleren einstelligen bis niedrigen zweistelligen Prozentbereich.
In diesem Umfeld kommt die finanzielle Ausgrenzung erschwerend hinzu: Davon sind in Serbien etwa zwei Millionen Menschen betroffen. Das bedeutet, dass sie keine Darlehen aufnehmen können, beispielsweise für eine Unternehmensgründung oder um temporäre Ausfälle zu überbrücken. Ihre einzige Chance ist die Mikrofinanzierung.
Mikrofinanzierung: Ein erster Schritt ins Finanzsystem
Die Opportunity Bank of Serbia richtet sich gezielt mit ihren Finanzdienstleistungen an diese Bevölkerungsgruppe: darunter etwa 300.000 Bauernhöfe, 250.000 Kleinunternehmer_innen und 500.000 Arbeiter_innen mit befristeten Arbeitsverträgen. Hinzu kommen laut Schätzungen weitere 600.000 bis 900.000 Menschen, die in eine dieser drei Kategorien fallen, aber ihr Einkommen auf dem Graumarkt erzielen. 45 Prozent ihrer Kund_innen werden durch die OBS erstmalig Bankkund_in. 41 Prozent sind Frauen.
Die Kreditgeber kommen einerseits aus der unteren Mittelschicht in den Städten. Die OBS schult sie darin, Geld zu sparen, um es als Mikrokredit innerhalb des Landes zu investieren. So bietet die OBS Menschen ohne Investitionspotenzial eine Möglichkeit, ihr Erspartes gewinnbringend anzulegen. Zum anderen refinanziert sich die OBS über Einlagen ihrer Aktionäre und privat platzierte Anleihen bei Fonds und Family Offices.
Die einzelnen Darlehensbeträge sind überschaubar: 90 Prozent der Kredite der OBS liegen unter 5.000 Euro. Die Mikrokredite helfen serbischen Familien und Landwirt_innen ganz konkret, ihre Lebensgrundlage zu verbessern, beispielsweise indem die nebenberufliche Aufzucht von Nutztieren durch Investitionen in Geräte und Ställe professionalisiert wird. So kann eine Familie ein stabiles und regelmäßiges Zusatzeinkommen aufbauen.
Finanzielle Ausgrenzung
In Europa haben viele von Armut betroffene Menschen keinen Zugang zu grundlegenden Finanzdienstleistungen wie Kreditdienstleistungen, Giro- oder Sparkonten. Dabei ist er die Voraussetzung für Beschäftigung und soziale Teilhabe. Darum ergreifen viele europäische Staaten gezielte Maßnahmen, um finanzielle Ausgrenzung und Überschuldung zu bekämpfen. Mikrofinanzierung ist ein wichtiger Baustein davon.
Kleine Kredite – große Erfolge
Seit Gründung in 2002 hat die OBS beträchtliche Marktanteile gewonnen und erzielt dabei gleichzeitig finanzielle Erträge, die zu den höchsten aller serbischen Banken gehören. Da das strategische Ziel der serbischen Regierung der Beitritt zur Europäischen Union ist, tut die Nationalbank bereits sehr viel dafür, das Finanzsystem auf ein europäisches Niveau zu heben. Entsprechend wird der Euro als inoffizielle Zweitwährung neben dem serbischen Dinar in vielen Bereichen akzeptiert. Das spiegelt sich in der Bilanz der OBS wider: Die Hälfte der Assets besteht aus Eurogeldern.
Im Juni 2019 erhielt die OBS ein A-Rating von der internationalen Rating-Agentur MFR. Der Return on Equity beträgt 15 Prozent bei einer vergleichsweise niedrigen Ausfallquote im niedrigen einstelligen Prozentbereich. Nicht nur damit ist die OBS dem Konsortium aus dem niederländischen Triodos Investment Management, der UmweltBank und der GLS Bank aus Deutschland aufgefallen. Im November 2020 haben die drei Nachhaltigkeitsbanken 78 Prozent an der OBS erworben. Für weitere Beteiligungen ist die OBS offen. Auch die serbische Notenbank hat die wichtige Funktion der OBS im serbischen Finanzsektor bereits anerkannt – und deklarierte sie als systemrelevant.