Angst und Beklemmung ist vielerorts spürbar, wenn wir beispielsweise vom Programmkino um die Ecke lesen, das um seine Existenz bangt. Oder unserem Lieblingsrestaurant, das seit Wochen keine Gäste mehr empfangen darf. Oder von der Freundin, die in der Messebranche arbeitet und um ihre Stelle bangt. Das ist ein weltweites Phänomen. Wohl zum ersten Mal in der Weltgeschichte durchleiden wir global alle die gleichen Ängste. Die Welt hält den Atem an, aber wie lange geht das, ehe wir wieder Luft holen müssen. Diese Frage beschäftigt uns alle. Und dann zu allem Überfluss noch all diese Verschwörungstheorien. Da ist es denke ich wichtig, auch immer wieder mal den Blick auf all das Positive zu richten, das es ja durchaus auch gibt. Nicht alles ist abgesagt, wie meine Mutter mich letzte Woche zurecht mit einem kleinen Gedicht, das eine Freundin ihr geschickt hatte, erinnerte.
Von der Krise hin zu Solidarität und neuen Gedankenanstößen
In der Tat, es gibt da vieles, was uns auch der Corona Virus nicht rauben kann, vieles was wir weiter leben und erleben dürfen und ja, es gibt auch Dinge, die ganz neu in unser Leben gekommen sind. Da sind die wunderbaren kleinen Konzerte vom Balkon herab, oder die Online-Tanzevents, die kostenlosen Wohnzimmerkonzerte vieler Musiker und das Klatschen der Menschen auf den Balkonen für all die Pfleger*innen, Ärzte und sonstigen Helfer, die unermüdlich im Einsatz sind. Es wird in einigen Ländern ernsthaft über die Wirksamkeit eines bedingungslosen Grundeinkommens diskutiert. Es bilden sich mehr und mehr Bewegungen solidarischen Handelns für das kleine Kino vor Ort, den Einzelhändler um die Ecke oder das Restaurant im Kiez.
Und trotz aller Absagen, es gibt Dinge die gehen einfach so weiter: Freundschaft ist nicht abgesagt, Hilfsbereitschaft ist nicht abgesagt, die blühenden Landschaften sind nicht abgesagt, auch die Hoffnung ist nicht abgesagt. Die Sonne ist nicht abgesagt, das aufgeregte Singen der Vögel am Morgen, das uns den kommenden Frühling verkündet, ist nicht abgesagt, auch der Sternenhimmel in der klaren Nacht ist nicht abgesagt. Die liebevollen Blicke und Gesten unserer Partner, Kinder und Freunde sind nicht abgesagt, auch die Liebe selbst ist nicht abgesagt. Das berauschende Gefühl schöner Musik ist nicht abgesagt, Neugierde ist nicht abgesagt, die wunderbare Kraft der Stille, auch sie ist nicht abgesagt. Lesen ist nicht abgesagt, Schreiben ist nicht abgesagt, sich schöne Gedanken schicken ist auch nicht abgesagt. Solidarität ist nicht abgesagt, Nächstenliebe ist nicht abgesagt, Kooperation ist auch nicht abgesagt. Träume sind nicht abgesagt, Mut ist nicht abgesagt, Glauben ist nicht abgesagt, auch die Sehnsucht ist nicht abgesagt. Kreativität ist nicht abgesagt, Gespräche sind nicht abgesagt, auch unsere Fantasie ist nicht abgesagt. Gut so!
Ich würde mir wünschen, dass wir die Zeit nutzen, um uns all der wunderbaren Dinge zu besinnen, die nicht abgesagt sind.
Wie immer eine Frage der Perspektive
Es ist im besten Sinne verwunderlich, was einem auch in diesen eigentlich sehr tristen Zeiten an positiven Dingen einfällt, wenn man die Augen und das Herz nur in die richtige Richtung lenkt. Es liegt also zu Teilen auch an uns, was wir aus dieser Krise machen. Können wir die guten Seiten, die es in uns allen gibt, zum Klingen bringen? Können wir unser Handeln von Hoffnung, statt von Angst bestimmen lassen?
Ich lebe derzeit in Peru. Hier in Peru ist schon seit mehr als einem Monat Ausgangssperre. Nur zum Einkauf dürfen wir noch aus dem Haus. Das ist hart. Es zehrt an den Nerven. Aber es geht uns gut. Auch in Deutschland ist die (Bewegungs)-Freiheit ja stark eingeschränkt. Auch hier wächst die Ungeduld. Wann können wir wieder zurück zu unserem „normalen“ Leben? Das schafft für viele unter uns Zeiträume, die es vorher so nicht gab. Was machen wir mit dieser gewonnenen Zeit?
Wünsche für die freie Zeit
Ich würde mir wünschen, dass wir die Zeit nutzen, um in die Stille zu gehen, uns einfach mal wieder in unserer Mitte spüren, das pulsierende Leben in uns bewusst wahrnehmen. Dass wir die Zeit nutzen, um uns all der wunderbaren Dinge zu besinnen, die nicht abgesagt sind, die uns keiner rauben kann, außer wir selbst. Ich würde mir wünschen, dass wir uns die Zeit nehmen, all das zu entdecken.
Ich würde mir wünschen, dass die, die das Leben reich beschenkt hat, anfangen ihren Überfluss zu teilen, mit denen, die diese Krise besonders hart trifft. Ich bin mir sicher, wenn wir die Herzen öffnen, finden wir alle Menschen, in unserem Umfeld, die Hilfe brauchen, sei es seelisch oder materiell. Ich würde mir wünschen, dass wir die Zeit nutzen, um zu singen, Musik zu machen, zu dichten, zu stricken, zu gärtnern, uns Geschichten erzählen, von guten Zeiten.
Ich würde mir wünschen, dass wir jeden Tag Leben leben, ganz im Geiste von Albert Schweitzer, der es einst so wunderbar auf den Punkt brachte: „Ich bin Leben, das leben will, inmitten von Leben, das leben will.“ Und ja, auch wünschen wurde nicht abgesagt. In diesem Sinne, Euch allen eine wunderbare Zeit des Entdeckens.