Frau Neubauer, Sie engagieren sich genau wie wir für eine nachhaltige Welt. Wie müsste Ihrer Meinung nach unser Leben hier in Deutschland schon heute aussehen, um die Lebensgrundlagen für zukünftige Generationen zu bewahren?

Wir müssten anfangen ernsthaft natürlich Ressourcen so zu behandeln, dass sie uns noch länger erhalten bleiben. Ganz konkret heißt das, Boden und Ökosysteme zu schützen, im globalen natürlich Emissionen effektiv zu reduzieren und auf null zu steuern.

 

Was kann jede oder jeder einzelne tun, um etwas zu bewegen und wo liegt dabei der größte Hebel?

Wählen gehen, protestieren, Widerstand organisieren und gemeinsam für eine klimaneutrale Gesellschaft und Wirtschaft eintreten. Ist dein Haus, dein Wohnblock, deine Straße auf dem Weg hin zu Klimaneutralität? Sind dein Arbeitsplatz, die Schule deiner Kinder und dein Verein schon klimaneutral? Weiß dein lokaler Abgeordneter, dass dir das Thema am Herzen liegt, und deine Stimme von seiner oder ihrer Klimakompetenz abhängt? Und auch: Wo liegt dein Geld? Und das Geld deiner Stadt? Investieren die in Kohle, Öl und Gas?

Luisa Neubauer tritt für eine Klimapolitik ein, die mit dem Übereinkommen von Paris vereinbar ist und engagiert sich unter anderem für Generationengerechtigkeit und gegen weltweite Armut. | Foto: Jörg Farys

Reicht das, wenn jede oder jeder Einzelne etwas tut oder braucht es für eine nachhaltige Zukunft auch Änderungen auf höherer Ebene? Also Politik oder Wirtschaft?

Die großen Hebel liegen in der Politik, die werden allerdings nicht bedient werden, wenn der Druck fehlt. Und der muss aus der Gesellschaft kommen.

 

Die meisten Politiker klammern sich an das Konzept der Green Economy. Das heißt, wir können einfach so weitermachen wie bisher, nur eben in grün. Kann das funktionieren?

Einstein hat gesagt, Wahnsinn sei ein Problem in derselben Logik lösen zu wollen, in der es entstanden ist. Gleiches gilt für die Klimakrise. Es wird sich alles ändern müssen, wir müssen alles ändern. Wie man das Endergebnis dann nennt – Green Economy, Postwachstum oder was auch immer – ist doch völlig zweitrangig. Nur wird das alles nichts, wenn man sich vor der Wahrheit versteckt, dass wir auf einem Holzweg unterwegs sind.

Der Druck muss aus der Gesellschaft kommen.

Luisa Neubauer

Klimaschutzaktivistin

Sie haben sich in Ihrer Bachelorarbeit mit Strategien nachhaltiger Finanzanlagen eingehend beschäftigt. Heizt der Finanzmarkt Ihrer Meinung nach das Klima auf?

Was für eine Frage. So eine Klimakrise ist nicht geschenkt. Sie kostet. Und die großen Finanzinstitutionen aber auch wir alle im Kleinen tragen dazu bei, dass der Finanzfluss Richtung Klimakatastrophe am Laufen gehalten wird. Man stelle sich vor, Leute würden aufhören die Förderung von Kohle-, Öl- und Gasförderung und -produktion zu finanzieren! Ein Fest wäre das und der Kern der Klimakrise im Nu aufgelöst. Stattdessen subventionieren große und kleine Institutionen die Klimakatastrophe nicht nur – sie befeuern sie durch die unvorstellbaren Summen, mit denen die fossilen Industrien künstlich am Leben gehalten werden.

 

Zum Schluss noch eine persönliche Frage: Wann sehen Sie Ihre Mission als erfüllt an? Und was kommt dann?

Wenn wir in Deutschland auf einem Weg Richtung Nettonull 2035 sind, wir unsere Aufgabe akzeptiert haben auch andere Länder zu unterstützen und es gute Gründe gibt zu vertrauen, dass wir auf diesem Pfad bleiben – dann denke ich kann ich zumindest mit besserem Gewissen, dass die Dinge gut gehen werden, weiter Bücher schreiben.

Dieses Interview ist zunächst in Bank & Umwelt Nr. 83 erschienen.

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